Soll es wirklich an dem sein, daß die Damenwelt wieder zu den hohen Schnürschuhen statt der ausgeschnittenen pantoffelähnlichen Fußbekleidung zurückkehrt?
In den Schaufenstern der Schuhgeschäfte sah man seit Beginn der Wintersaison vereinzelt die eleganten hohen Schäfte emporragen, und ebenso vereinzelt sieht man Damen und Dämchen, die zu der neuen Mode übergegangen sind. Die eine, die mir gestern begegnete, wird ganz sicher dazu beitragen, daß der Schnürstiefel wieder die Stellung erringt, die ihm in der weiblichen Straßentoilette gebührt. Wie die schwarzen Tuchschäfte ihre beigefarbenen Strümpfe umfangen und wie zwischen ihnen und dem Rocksaum grade eine Handbreit Wade sichtbar bleibt, das ist ein Bild, nach dem sich jeder normal empfindende Mann umdreht, um es auch noch einmal von hinten zu sehen. Und von hinten ist es, frei nach Heine, „auch eine schöne Stelle“.
Es war ein sehr kalter Tag. Und ich muß sagen, außer dem ästhetischen Genuß war es auch eine rein menschliche Genugtuung, zu sehen, wie dieses zarte Wesen endlich einmal wieder resolut den Kampf gegen die Elemente aufnahm, wie es mit keckem Mut sich wieder gegen die meteorologischen Unbilden zur Wehr setzte.
Seit Jahren hat sich ihnen die Damenwelt mit fakirhaftem Stoizismus ausgeliefert. Als wollte sie den grausamen Gegensatz zwischen ihrer Zartheit und der Unerbittlichkeit der Natur dem Manne so recht ergreifend zum Bewußtsein bringen. In dünnen Pantoffeln, die oft mehr als die Hälfte des Fußes unbeschützt lassen, wagt sie sich in Wind und Wetter, Sturm und Regen, Schnee und Eis hinaus. Wahrhaftig, meine Damen, wenn einer, dem ein fühlendes Hecz im Busen schlägt, ihnen zusieht, wie Sie dahinschweben, zwischen der rosigen Haut Ihrer Füße und den rohen, schmutzigen, nassen Wirklichkeiten der Straße nur ein dünnes Söhlchen und ein Seidenflor, so muß er das Gruseln bekommen. Ich wette, daß bei solchem Anblick seinerzeit jemand den Ausdruck erfunden hat: Eine Frau auf Händen tragen.
Aber ich wette ferner, Sie ertrugen bisher gern die Leiden, die diese Mode mit sich brachte. Nicht nur wegen der Zierlichkeit, die dadurch in Ihre ganze Erscheinung kam, sondern auch, und viele von Ihnen, die raffiniertesten, hauptsächlich, weil sie empfanden, was es psychologisch bedeutete, daß sie dem Mann in einem weiteren Detail schutzbedürftig erschienen, und daß grade diese Schutzbedürftigkeit mit einem gesteigerten Reiz ihrer Persönlichkeit zusammenhing.
Aber nichts kann ewig dauern, nicht einmal die schönste und erlesenste Frauenmode. Darum macht der hohe Schnürstiefel wieder seine Rechte aufs Dasein geltend, und wieder werden Sie auch diesem die psychologische Seite abgewinnen.
Nun gewähren Sie mir eine Bitte und gehen Sie einen Schritt weiter. Verzichten Sie auf den hohen Absatz und tragen Sie Schuhwerk, in dem Ihre Füße wie Füße und nicht wie Schuhe aussehen. Sie haben jetzt lang genug mit Ihrem adligen Spann Staat gemacht, denken Sie dran, daß Sie auch Fersen haben, und daß in einem schönen, englischen Schuh eine feine Ferse in ihrer Art viel reizender wirken kann, als der schönste Spann.