Spielen Sie Skat? Nein? Dann vielleicht Whist? Bridge? Poker? Stippy? Wie, nicht einmal Stippy? Und auch nicht Zwick noch Mensch noch Piket noch Schmaus? Also wenn’s hoch kommt Schwarzer Peter oder Blanne Mariasch oder meinetwegen Sechsundsechzig, abends mit Ihrer Frau, um weiße Bohnen oder „Schoklasknippercher“.
Passen Sie auf, Sie machen wahrscheinlich noch die Erfahrung, daß Sie im Leben zu kurz kommen, wenn Sie nicht Karten spielen gelernt haben. Ich meine nicht die kleine Partie Ecarté um eine Tasse Kaffee nach Tisch, sondern das ernste, folgenschwere Kartenspiel, bei dem es um „Vinti“ und „Zenner“ geht und Sie in einer Nacht eine Pariser Reise mit vierzehntägigem Aufenthalt und Damenbegleitung herausschlagen können.
Dies Kartenspiel ist eine Schule fürs Leben. Und Poker steht obenan. Da kommt es nämlich nicht nur auf die Karten und auf deren geschicktes Ausspielen an, da müssen Sie mit höherer Psychologie und Menschenkenntnis operieren und das Glück, wie auf Messers Schneide, auf Witz oder Einfalt Ihres Gegners stellen. Der Bluff hängt im Poker beständig das Damoklesschwert über alle Häupter auf. Wer die Kunst des Bluffens versteht - aktiv und passiv - ist stärker, als der Unbefangene, der alles für bare Münze nimmt. Der Bluffer bringt es fertig, einen Widersacher in ein Mauseloch zu jagen, indem er ihm mit Enthüllungen droht, hinter denen gar nichts steckt, während er selber den übelsten Dreck am Stecken hat.
Das Kartenspiel hat den Anreiz, ein Bild des Lebens zu sein, mit dem Unterschied und dem Vorteil, daß man es immer wieder von vorne anfangen kann. Ein Spiel ist aus, die Einsätze werden bezahlt, die Karten gemischt und verteilt, ein neues Spiel beginnt. Und der Pechvogel hat alle drei Minuten eine neue Gelegenheit, sich herauszureißen oder neue Dummheiten zu machen.
Das Kartenspiel ist das Bild der idealen Demokratie, weil darin Jedes reihum Gelegenheit hat, einmal oben zu kommen. Hier gilt nicht das alte Schlagwort: Bildung und Besitz. Nicht einmal Kraft und Zahl. Wir sehen, daß nicht immer der König der Herr im Staat ist, manchmal ist es auch der Bauer, zuweilen auch die Königin. Die Eins ist meist mehr wert, als die Zehn, und kommt es auf die Farbe an, so ist der Ärmste und Schwächste dem Höchsten und Stärksten glatt überlegen.
Ein Freund erwähnte gestern im Gespräch, daß Bismarck seine Diplomaten immer im Kartenspiel auf die Probe stellte. Sehen Sie, wie der eiserne Kanzler das Kartenspiel einschätzte!
Nun ist ja allerdings oft erzählt worden, daß derselbe Bismarck dieselben Diplomaten auch in der Trinkfestigkeit examinierte, und daß es ihm in den meisten Fällen gelang, sie unter den Tisch zu trinken. Die Annahme liegt nahe, daß er sich auf diese Weise an denen rächte, die ihm im Skat über waren. Aber wenn ich oben auf die Vorteile des Kartenspielens hingedeutet habe, so möchte ich doch nicht, daß Sie später behaupten, Sie hätten sich das Trinken angewöhnt, weil Sie es auf meinen Rat hin dem berühmten Bismarck hätten gleichtun wollen.