Original

3. März 1925

So gern wir sonst über die Erfolge von Luxemburgern im Ausland berichten, so leid tut es uns heute, einen Fall zu erwähnen, wo ein Landsmann von uns sich im Ausland mißliebig gemacht hat.

Wir lesen in der „Luxemburger Zeitung“ von Chicago, dem Organ des Luxemburger Bruderbundes in Amerika, folgende Notiz:

„Filmvorstellung ohne Verdunkelung. Gelegentlich des Familienabends im Katholischen Gesellen-Verein am letzten Sonntag abend führte Professor Dr. Walch von der Fordham Universität seine neueste Erfindung vor. Es handelt sich um einen „Film Screen“, der chemisch derart präpariert ist, daß Bilder bei hellem Tageslicht oder bei der stärksten elektrischen Beleuchtung genau so scharf und deutlich auf dem Screen erscheinen, wie bisher bei Verdunkelung. Prof. Walch ist ein Luxemburger, aus Reisdorf gebürtig, seit einigen Jahren Professor der Chemie in Fordham und gehört dem Katholischen Sängerbund als aktives Mitglied an.

„Die neue Erfindung dürfte auf dem Gebiete der Filmindustrie eine Umwälzung hervorrusen. Für Schulzwecke wird sich der neue „Screen“ als ganz besonders praktisch erweisen, da von der Verdunkelung des Klassenzimmers in Zukunft abgesehen werden kann. Was das zu bedeuten hat, davon können die Pädagogen ein Liedchen fingen.“

Auf Anhieb klingt das gar nicht so, als ob Herr Walch sich mit seiner Erfindung bei den Amerikanern und Amerikanerinnen in die Nesseln gesetzt hätte. Sehen wir indes naher hin, so können wir zwischen den Zeilen lesen, was Herrn Walch blüht.

In cauda venenum. Der Schlußsatz enthält des Pudels Kern. „Was das zu bedeuten hat (nämlich daß das Klassenzimmer nicht mehr verdunkelt wird), davon können die Pädagogen ein Liedchen singen.“

Wenn das schon am grünen Holze geschieht, was sollen die Pädagogen dann erst für ein Liedchen singen, wenn es sich nicht mehr um Klassenzimmer, sondern um richtige Kinotheater handelt!

Vor Jahren hörten wir hier in einer Revue einen Stadtratskandidaten den Einwohnern des Wallisviertels eine herrliche elektrische Straßenbeleuchtung versprechen. Sofort wurde er von einer Anzahl junger Dämchen und Herrchen angefallen, die erklärten, sie werden ihm den Teufel um die nächtliche Beleuchtung danken! Er solle doch lieber Küster werden, als Stadtvater!

So ähnlich wird es voraussichtlich Herrn Walch ergehen, wenn infolge seiner Erfindung die Filmvorstellungen in Zukunft bei Tageslicht oder brennenden Lampen vor sich gehen werden. Warum erfreut sich das Kino so großer Popularität? Doch sicher nicht allein wegen der Vorgänge auf der Leinwand, sondern auch wegen der Flirtgelegenheiten im Dunkeln. Und die will Herr Walch in seinem Gelehrtendünkel zunichte machen! Verdammen werden sie ihn, die unzähligen Pärchen, die nachmittags und abends in den Kinosälen der ganzen zivilisierten Welt mit Hand und Mund sich ewige Treue schwören, verfluchen werden sie ihn, steinigen werden sie ihn. Das fehlte grade noch, daß ein Luxemburger in Amerika, wo sie schon die Abstinenz von Alkohol und Nikotin zur Höhe einer Staatseinrichtung erheben, auch noch die süße Heimlichkeit aus dem Kino hinausleuchtete!

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