Original

11. März 1925

Hier stand vor einigen Tagen, daß es interessant wäre, festzustellen, was aus den Assen des Football später im Leben würde.

Grade fliegt mir auf den Schreibtisch ein altes Blatt, das meine Erinnerung auf die Spur von allerhand Menschenkindern setzt, die sich seinerzeit nicht sportlich, aber musisch betätigten und an deren meiste wir heute mit Wehmut zurückdenken.

Am 24. Januar 1872, also vor über dreiundfünfzig Jahren, gaben die Schüler des Athenäums eine „Soirée musicale et littéraire“, die der Statthalter Prinz Heinrich und seine Gemahlin mit ihrer Gegenwart beehrten.

Obgleich wir noch unser großes Konservatorium nicht hatten, steht der musikalische Teil des Programms auf bemerkenswert hohem Niveau.

Hier das Programm:

1.Quatuor de l’opéra «Martha» (Flotow) exécuté par la section d’harmonie.2.Ouverture de l’opéra «Der Schauspicldirektor» (Mozart).3.«Die Kieselsuppe», vorgetragen von Alph. Feyder, Schüler der V. Gymnasialklasse.

Tiefe Tragik webt um diesen Namen. Der junge Alfons Feyder, Notarssohn aus Grevenmacher, steht seinen Kameraden von damals als Lichtgestalt vor Augen. Musikalisch hochbegabt, mit der sichern Anwartschaft auf Verhätschelung durch das Leben, gerät er im blühendsten Jünglingsalter in die Schatten des Todes und nimmt ein tragisches Ende.

4.Largo du Concerto en ut, pour le piano, exècuté par l’élève Werner Oberhoffer, de la IV. classe gymnasiale (Beethoven).

Von Werner Oberhoffer sang der Studentenchor lange auf der Empore der Kathedrale eine vierstimmige Messe, die er als blutjunger Gymnasiast komponiert hatte. Er war einer von den vier Söhnen des jüngst gefeierten Heinrich Oberhoffer und ging nach vollendeten Studien als Organist und Musiklehrer nach England.

5.«Les dix francs d’Alfred», Récit pour l’enfance, par Léon Guérin, déclamé par l’élève Jos. Weber, de la V. classè du Gymnase.

Joseph Weber wurde Zahnarzt und starb hier als italienischer Konsul. Er war eines der stärksten Sprachtalente unseres Ländchens und hat sich um luxemburger Sprachforschung sehr verdient gemacht. Nach Dicks war er es, der die Vorarbeiten zu einem luxemburger Wörterbuch am weitesten gefördert hatte. Von ihm besteht u. a. auch eine luxemburger Grammatik. Er war der eifrigste Förderer der Stenographie in unserm Land.

6.«Sängerlied» et «Der Frübling», chœurs exécutés par la section de chant (Struth).7.«Die Schlacht bei Woeringen», Gedicht von Johann Paulus, Schüler der I. Gymnasialklasse.

Über den Dichter Johann Paulus ist mir leider nichts bekannt. Vielleicht ist er nicht Dichter geblieben und hat später einen andern Beruf erwählt. Bei seiner Energie kann es ihm an Erfolg nicht gefehlt haben. Daß er ein energischer junger Mann war, schließe ich u. a. aus folgenden Versen: „Sie rennen aneinander, die zwei mit Sturmesmacht, - daß laut die Schilde klirren, daß Erz und Panzer kracht.“

8.Rondo et Finale du Concerto en ut, pour le piano, exécuté par l’élève Werner Oberhoffer de la IV. classe du Gymnase (Beethoven).9.«L’examen de conscience», chansonnette dite par l’élève Houdremont, de la classe préparatoire (Montelle).

Ja ja, Ihr muntren Industrieschüler von Esch, Euer gestrenger Herr Direktor Houdremont war auch einmal ein Jüngelchen, das auf den Bänken der Präparatoria rutschte, und ein allerliebstes dazu, mit einer Knabenstimme, von der noch heute die Hallen der Kathedrale träumen. Ach ja, lieber Houtty, hätten wir unsere Stimme von damals wieder, wir gäben unser ganzes Stimmrecht drum, meinst du nicht?

10.«Der Kampf bei Düdelingen», Gedicht von Wilhelm Zorn, Schüler der II. Gymnasialklasse, vorgetragen von Eduard Schumann, Schüler der III. Gymnasialklasse.

Wilhelm Zorn wurde Pfarrer und blieb Dichter bis an sein Lebensende.

11.«Der Wanderer» (Schubert), romance chantée par l’élève Jean Cathrein, des cours supérieurs.

Auch über das spätere Leben Jean Cathrein’s vermag ich Näheres nicht mitzuteilen. Im Komparativ erzeugen seine Nachkommen Malzkaffee.

12.«Les richesses du pays de Luxembourg», pièce de vers, par Constant Demuyser, élève de l gymnasiale.

Einer der liebenswürdigsten Luxemburger, die je dem Stand der Ingenieure zur Zierde gereichten. Er starb leider viel zu früh, als Eisenbahningenieur in Petingen, und wenn seine Freunde daran denken, wie sie ihm auf dem Kirchhof in Wiltz am offenen Grab das letzte Lebewohl sagten, wird ihnen schwer ums Herz. In ihm war die schöne, seltene Mischung von tiefem Lebensernst und sonniger Heiterkeit. Er hat, glaube ich, nie wieder gedichtet und blieb doch ein Dichter.

13.«Les pèlerins», chœur (Verdi).
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