Original

1. April 1925

Hier wie überall sind die männlichen Berufe überfüllt. Bei den Advokaten, Ärzten, Bankiers, Boxern, Rennfahrern, Bühnenschriftstellern - überall herrscht Überproduktion, überall sagen sie, es sei voll wie im Wormeldinger Autobus, wenn Ehnener Kirmes ist.

Ich bin mir bewußt. ein gutes Werk zu tun, wenn ich der männlichen Jugend einen neuen Beruf eröffne.

Luxemburg hat alles, nur keinen Detektiv. Warum nicht? Warum gedeiht hier die Spezies nicht, der Conan Doyle zur Weltberühmtheit verholfen hat? Es fehlt doch nicht an jungen Luxemburgern, die gerne weltberühmt wären. Und die nötige Begabung ist zweifelsohne auch vorhanden. Wenn man die Hoffnung des Landes mustert, die alltäglich zur Zeit des Ladenschlusses die Großstraße promenierend füllt, so kann man Dutzende Gesichter sehen, vor denen man sofort: Sherlock Holmes ausrufen möchte und deren Besitzer mit Würde und Anstand einen karierten Raglan, eine dazu passende Mütze und einen heimlichen Revolver in der Gesäßtasche tragen und dazu aus einer Dunhill gedankenvoll Shag rauchen würden. Und wie es gemacht wird, wissen sie ja vom Kino her.

Besteht Bedarf für einen Detektiv in Luxemburg? Für den Detektiv, sagen wir einmal.

Zweifellos. Unsere Polizei ist in ihrer Art ohne Furcht und Tadel, aber sie hat zu viel Rücksicht zu nehmen. Es wird irgendwo in einer Villa ein- gebrochen. Drei Türfüllungen vom Keller her sind tadellos herausgeschnitten, die Schlösser, die zu öffnen waren, sind tadellos geöffnet und wieder geschlossen, unter den vorhandenen Wertsachen ist eine Auswahl getroffen, die auf große Branchekenntnis schließen läßt.

Die Polizei ist sofort im Bilde. Ohne zu schwanken stellt sie die Diagnose auf Einbruch. Sie geht weiter, sie versichert, sie wisse genau, wer es war. Alle Anzeichen deuten wieder auf die Bande Knackhuber. Aber die Knackhubers sind gute Wähler, wir leben in einem demokratischen Land, bei uns ist es nicht so, daß man die Leute so mir nichts dir nichts vor den Kopf stößt usw. Und wie wollen Sie die Knackhubers überführen? Jaaa, das ist eine verflixte Sache!

Hier hätte der Detektiv einzusetzen. Hier hätte er Verwendung für den diskreten Heldenmut, der ein Hauptkennzeichen des angelsächsischen Detektivs ist und dessen sich sicher auch der luxemburger Detektiv befleißigen würde.

Auch für die literarische Stoffbereicherung wäre uns der luxemburger Detektiv willkommen. Der Detektiv stand bisher außerhalb des Repertoires unseres heimischen Schrifttums. Und doch wären wir für Detektivromane das klassische Land. Wir sind die Straßenkreuzung des internationalen Abenteuterund Verbrechertums, wir genießen als Zuflucht des Mädchenhandels und der Engelmacherei internationale Berühmtheit, wir sind mit der Nähe dreier Grenzen das Dorado der Spitzbuben und Verbrecher; wir haben unsere Kasematten - Kinder, wer schreibt uns den Noman unserer Kasematten mit dem luxemburger Detektiv als Helden?

Wir können nur eines hoffen: daß, sobald unser Frantz den Tour de France gewonnen hat, der luxemburger Detektiv mit einer Sensationsnummer debütieren wird.

TAGS
  • British literature: detectives
KatalognummerBW-AK-013-2879