Man beginnt sich also doch im Publikum über das frisch-fromm-frohliche Drauflosbaumfällen aufzuregen.
Wenn das Publikum sich über etwas aufregt und diese Aufregung findet ihr Echo in der Presse, so zucken die zuständigen Stellen darüber am liebsten die Achseln.
Wirkt sich aber die Aufregung des Publikums bis in die Kammer hinein aus, so pflegen anfangs die zuständigen Stellen dieselbe Geste auszuführen, zu der etwa ein Mann sich veranlaßt sieht, der am Ufer des Meeres steht und dem die Flut die Stiefelspitzen zu bespülen beginnt: Er tut einen Schritt rückwärts. Bei den zuständigen Stellen nimmt diese Geste die Form der bekannten Erklärung an: „Die Verwaltung wird sich die Bemerkung ad notam nehmen.“
Gestern brachte Herr August Thorn die Baumfälleritis der zuständigen Stelle in der Kammer zur Sprache, und Herr General-Direktor Dumont machte in seiner Entgegnung seinen Vorgänger für das Todesurteil verantwortlich, das in Bausch und Bogen über unsere Allcebäume verhängt zu sein scheint.
Aus alledem ergibt sich noch nicht, ob die Bäume gefällt wurden, u. a. damit ein goldenes Bankschild besser sichtbar werde oder weil die Anwohner dagegen reklamiert haben, und am allerwenigsten ergibt sich daraus, ob an die Stelle der gefällten Bäume andere gepflanzt werden sollen, wie es Herr August Thorn verlangte.
Nichts ist berechtigter, als daß ein Baum, der den Anstößern Schaden verursacht, verschwinde. Baut zum Beispiel jemand an eine mit Bäumen besetzte Straße und es stellt sich heraus, daß ein Baum grade in der Achse seiner Ausfahrt steht, so darf er füglich verlangen, daß der Baum verschwinde. Steht ein anderer so nahe an einem Haus, daß er das Erdgeschoß verdunkelt, so zwar, daß es dadurch feucht und ungesund wird, so ist seines Bleibens selbstverständlich nicht mehr. Solche Bäume dürfen natürlich nicht ersetzt werden.
Aber wie will man zum Beispiel das Fällen der Kastanienbäume an der Südseite der Schule am Königsring rechtfertigen, die dort das Trottoir und einen Teil des Schulhoses angenehm beschatteten und niemand genierten? Fand man sie häßlich? Das ließe sich hören. Denn sie hatten durch jahrzehntelanges stümperhaftes Beschneiden jeden Stil und jede Linie verloren. Aber dann müßte man sie durch andere, schönere ersetzen, und auf solche Absicht deutet keineswegs der junge Verreckling, der heute an der Ecke Königsring und Monterey-Avenue die Wiederbepflanzungs-Tendenzen der zuständigen Stelle verkündet.
Man kann nur hoffen, daß Herr General-Direktor Dumont in bezug auf das Fällen und Ersetzen unserer Alleebäume sich ein Programm zurecht machen wird, es den Wünschen der Allgemeinheit entspricht, und daß er namentlich auch solche Todesurteile, die sein Vorgänger gesällt hat und die seinem Programm nicht entsprechen, rückgängig machen wird.