Original

21. April 1925

Als unsere besten Freunde unter den Völkern der Welt müssen wir nachgerade entschieden die Amerikaner erkennen. Nirgends finden wir in der ausländischen Presse uns gegenüber soviel Wohlwollen, soviel ernstes und aufrichtiges Bestreben, über uns die Wahrheit zu erfahren und zu sagen, wie in den Zeitungen und Zeitschriften der Vereinigten Staaten.

Vor einigen Monaten durften wir uns über einen prachtvoll illustrierten Aufsatz freuen, zu dem einer der besten Mitarbeiter des Washingtoner National Geographic Magazine, Maynard Owen Williams, Monate lang in unserm Ländchen das Material gesammelt hatte. Heute ist der amerikanische Konsul Herr Désiré Derulle so liebenswürdig, mir die Aprilnummer der Zeitschrift für Reisewesen «The Ocean Ferry» mitzuteilen, die auf ihrer ersten Seite nebst einer guten Aufnahme von Vianden, Schloß und Städtchen, einen äußerst freundlichen Artikel über diese Perle landschaftlicher Schönheit und über die Vorzüge enthält, die Luxemburg überhaupt dem überseeischen Touristen bietet.

Die Amerikaner sind an der Größe ihrer Verhältnisse herangewachsen, wer ihnen imponieren will, darf ihnen nicht mit Größe kommen, wohl aber bringen sie ein besonderes Verständnis mit für die Schönheit im Winkel. „Mit zahlreichen Tälern - heißt es im Leitartikel des «Ocean Ferry» - welligen Hügeln, die bis zum Gipfel hinauf angebaut sind, mit niedlichen, sorgfältig bewirtschafteten „Wäldern“, die für Amerikaner aussehen, wie Picknick-Wäldchen, mit „Sandpapier“-Straßen für die Automobile, mit unzähligen traulichen Dörfern, die in den Tälern versteckt liegen, und mit seiner ansehnlichen Hauptstadt Luxemburg ist das Großherzogtum alles in allem ein so interessantes Fleckchen Erde, wie überhaupt eines weit und breit in Europa zu finden ist. Seine Schönheit ist ruhiger Art, und doch greift sie mit ihren Lockungen dem Freund schöner Natur ans Herz und regt die Phantasie des Historikers an.“

Sie merken, das ist der Amerikaner, der sich am Riesenhaften, an seinen Sky-Scrapers, seinen Yellowstone-Park, seinen Cañons und seinen unermeßlichen Horizonten müde gesehen hat und einige Wochen lang lieber die ruhige Schönheit unserer Täler, als den Trubel europäischen Großstadtlebens genießen will.

Kommen wir diesem Wunsch entgegen. «The Ocean Ferry« liegt in den Lesesälen aller großen Ozeandampfer, aller erstklassigen Hotels auf, ein Artikel darin, zumal an leitender Stelle, bedeutet für uns eine Reklame, die hundert Annoncen aufwiegt.

Diesem Entgegenkommen der Amerikaner gegenüber haben wir eine Pflicht: Den Ruf unseres Ländchens als einer gastfreien Stätte mit zuvorkommender, rechtschaffener Bevölkerung aufrecht zu erhalten.

An den Hotelierverband tritt die Aufgabe heran, solchen, die durch unverschämte Übervorteilung der fremden Gäste den ganzen Stand und das ganze Land in Mißkredit bringen, das Handwerk zu legen. Bei der Beschränktheit unseres Gebietes wäre ein Boykott gegen uns mit Leichtigkeit zu inszenieren. Principiis obsta! Fälle von richtiger Beutelschneiderei fremden Touristen gegenüber werden hierzuland äußerst selten bekannt. Aber wir haben noch größeres Interesse, als andere, daran, daß sie sich nicht vermehren, und daß sie zumal nicht tendenziös aufgebauscht werden.

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KatalognummerBW-AK-013-2895