John Baptist Ben Akiba Merkels aus Chicago führt uns Luxemburgern wieder einmal zu Gemüt, daß sie drüben in Amerika uns in Patriotismus, Folklore, Heimatkunde, Kunst und Literatur, Kartoffelzucht, Mondscheinpoesie, Clichéfabrikation, Hehammenausbildung, Hühneraugenbekämpfung, kurzum, auf allen Gebieten allgemein menschlichen und insbesondere nationalluxemburgischen Wissens und Könnens um etwelche Jahrzehnte voraus sind. Was immer hüben in die Erscheinung tritt, er beäugt es kritisch, greift in den Schatz seiner Erinnerungen und sagt mit dem alten Rabbi aus „Uriel Akosta“: Schon dagewesen, alles dagewesen.
Nachdem er kürzlich in dieser Weise mitleidig die Neujahrsnovelle von Pierre Faber beachselzuckt hatte, führt er in einer der letzten Nummern der „Luxemburger Zeitung“ aus Chicago das hiesige Wochenblatt „Luxemburger Illustrierte“ auf seinen wahren Wert zurück und weist nach, daß sozusagen sämtliche Clichés, die in der „Illustrierten“ erschienen, erscheinen und erscheinen werden, schon in einem der ab 1896 von Zeit zu Zeit erscheinenden Souvenirbücher des amerikanischen „Luxemburger Bruderbund“ erschienen sind. Diese Fülle von Erscheinungen hat auf den ersten Blick etwas Beunruhigendes, aber man gewöhnt sich dran.
Herr John Baptist Ben Akiba Merkels teilt im selben Atem mit, daß er und der inzwischen verstorbene amerikanische Advokat-Anwalt Mathias Huß „weder Mühe noch Auslagen scheuten, um dem Buche die Krone des Lehrreichen und Interessanten aufzusetzen.“
Und dann zählt er alle Bilder auf, die in der „Luxemburger Illustrierten“ erschienen sind und die bereits vor zwanzig und mehr oder weniger Jahren in einem der amerikanisch-luxemburgischen Souvenirbücher zu finden waren. Und in raffiniert berechneter Steigerung ruft John Baptist Ben Akiba Mertels jedesmal aus: Alles schon dagewesen! Ihr seid wie die Echternacher! Ihr kommt „hinten nach“!
Wie schade, daß damals John Baptist Ben Akiba Merkels und nicht ein anderer bei der Herausgabe dieser amerikanischen Souvenirbücher geholfen hat! Wie leicht hätte er es schon damals gehabt, die Herausgeber mit dem geflügelten Wort des alten Rabbi anzurempeln und ihnen zuzurufen:
„Ihr Echternacher, Ihr Hintennachkommer, Ihr bringt da in Euern Souvenirbüchern ja lauter alte Clichés, die längst alle schon dagewesen sind. Alle luxemburger Bilder, die Ihr in Euerm Souvenirbuch bringt, sind schon vor Jahren in Luxemburg erschienen, von einer luxemburger Firma (derselben, die heute die „Illustrierte“ druckt) mit erheblichen Kosten hergestellt und von Euch ohne Kosten, gratis, à l’œil, übernommen, wie das in Amerika Brauch und Unsitte ist. Alles schon dagewesen, also könnt ihr „keinen Wettbewerb aufnehmen, was Illustrationen aus der Heimat betrifft“.
Leider war John Baptist Ben Akiba Merkels damals nicht in der Lage, diese Rede zu halten. Denn er selber war dabei, als die Hersteller der erwähnten Souvenirbücher „weder Mühe noch Auslagen scheuten“, um einfach ohne Entgelt die Clichés der luxemburger Druckerei zu übernehmen, die er heute mit „Alles schon dagewesen“ auf den Esel setzen will.
Hätte John Baptist Ben Akiba Merkels zur Zeit Napoleons des Großen gelebt und wäre ihm eines Tages in den Straßen von Paris begegnet, so hätte er ihn angeredet und gesagt: „Sire, packen Sie ein, alles schon dagewesen! Schon vor vierzig Jahren lebte in Ajaccio auf Korsika ein Mann namens Buonaparke. Also was wollen Sie! Und außerdem, was brauchen wir einen Napoleon, ich bin ja da!“
Der Artikel schließt mit den Worten: „Das goldene Zeitalter des Luxemburgertums in Amerika ist dahin. Nur wenige der alten Kämpen atmen noch die freie Luft des großen Landes, und mit ihnen wird eines Tages der vollständige Zusammenbruch der geistigen Tat- und Schaffenskraft erfolgen müssen von John B. Merkels.“
Im Interesse der geistigen Tat- und Schaffenskraft und des goldenen Zeitalters des Luxemburgertums in Amerika schenke der Himmel dem Schreiber obige Zeilen noch lange Jahre hindurch einen gesunden Appetit und eine glatte Verdauung.
Man braucht sich nun nicht mehr zu wundern, daß in Amerika so viele und gute Humoristen gibt.