Original

1. Mai 1925

Die „Fauna“ macht übermorgen, Sonntag, einen der Ausflüge, die ihren Mitgliedern unvergeßlich bleiben. Mit Begeisterung schildern sie, Damen und Herren, wo sie überall schon mit ihrem Verein waren, was sie gesehen und erlebt haben, wie geschickt das Nützliche mit dem Angenehmen verbunden war, wie bei der Organisation alles bis aufs Tüpfelchen klappte. Diese Ausflüge allein bilden bei der „Fauna“ eine solche Anziehungskraft, daß ihr die Mitglieder in Scharen zulausen müßten, auch wenn sie sich nur indirekt für die wissenschaftlichen Zwecke des Vereins interessieren.

Diesmal geht der Weg ins „Französische Luxemburg“, wie auf den Einladungen der Teil Lothringens um Sierck herum genannt wird.

Die Führung hat Herr Emil Diderrich, Besitzer und Leiter des Hotels Grand Chef in Bad Mondorf, übernommen. Das bedeutet, daß die Teilnehmer an dem Ausflug diesen unter den denkbar günstigsten Umständen unternehmen werden. Herr Diderrich hat seit Jahren von dem interessanten Fleckchen Erde aus, auf den ihn das Schicksal gestellt, methodisch für eine stetige Verbesserung des Ausflugswesens in unserm Land gewirkt. Die kurzen, sachlichen und zuverlässigen Angaben, die er seinen Gästen in Form von Ausflugsplänen an die Hand gibt, sind Muster ihrer Art. Herr Diderrich erfüllt so nicht nur für Bad Mondorf und seine nähere Umgebung, sondern ein wenig auch für das Land die Aufgabe, die sich vor langen Jahren der Besitzer des Hôtel des Ardennes in Diekirch, der unvergessene Touristenvater Heck, für Diekirch und Umgebung gestellt und so glänzend erfüllt hatte, daß Diekirch noch heute die Früchte seiner Tätigkeit genießt.

Der Eigentümer des Grand Chef in Bad Mondorf betreibt seit seiner Studienzeit mit inniger Hingabe und eingehendem Verständnis das Studium der Geschichte seiner engeren Heimat und der anstoßenden Gebiete. Er besitzt darüber eine Literatur, die an Vollständigkeit nichts zu wünschen übrig läßt und die nicht nur in den Regalen seiner Bücherei steht, sondern die er in den Monaten der winterlichen Muße zu lebendigem Wissen verarbeitet. Ein Tag in seiner Gesellschaft auf einer Fahrt durch den Moselgau oder über die Straßen der Plateaus, über die vor Zeiten die Römer ihre Heerzüge führten, gehört zu den anregendsten Genüssen. Denn er, der in seinem Beruf ein Mensch der unerbittlichsten Wirklichkeiten sein muß, weiß auch der Wissenschaft in ihrem Zusammenhang mit Leben und Wirklichkeit eine fesselnde, pulsierende Anschaulichkeit zu geben, die, wo es paßt, mit gesundem Humor durchsetzt ist.

Am Sonntag führt Herr Diderrich die „Fauna“ einen Weg, der von geschichtlichen Spuren kreuz und quer durchzogen ist, und er weiß darin über jeden Stein Bescheid. Vom Bahnhofvorplatz in Luxemburg geht um 8 Uhr in Autocars die Fahrt über Mondorf, Püttlingen, Rodemachern mit dem Schloßneubau, Breisdorf, Usselskirch, dem alten „Kieschpelt“ der Gegend, Burg Nüttgen mit seinem verbauerten Zwillingsschloß, Kattenhofen, Berg im Gau, wo Herr Koch aus Esch hoch über dem weiten Moseltal in dem alten Schloß seine Ruhe genießt, Sierck und seine Zitadelle, wo Mittagrast gehalten wird und wo Herr Diderich eine orientierende Plauderei über die Gesichte dieses eigenartigen Moselstädtchens und seiner Umgebung zum besten geben wird.

Nachmittags Abstecher über Apach, wo die Brüder Schiltz in umfangreichen - beinahe könnte man sagen Hafenarbeiten Hügel versetzen und weitläufige Bauten errichten und eine Probe luxemburger Betriebsamkeit ablegen - über Mandern nach Schloß Meinsberg (Malbrucksschlaß) - Schengen, Remerschen, Wintringen, Elvingen, Ellingen, Dalheim, Waldbredimus, Mutfort, Sandweiler, Fetschenhof, Luxemburg.

Diese Zeilen sollen nicht etwa eine Einladung zum Tanz sein, denn alle Plätze sind besetzt. Aber sie sind ein Hinweis auf die Art der „Fauna“, den zentrifugalen Tourismus von hier aus als Gegenstück zu dem zentripetalen, auf den wir zählen, in gradezu vorbildlicher Weise zu organisieren.

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KatalognummerBW-AK-013-2904