Original

16. Juni 1925

Herr John B. Merkels aus Chicago veröffentlicht in der dortigen „Luxemburger Zeitung“ eine Antwort auf die paar Bemerkungen, die hier über seine Anzapfungen gegen die „Luxemburger Illustrierte“ standen.

Er schließt mit folgenden Sätzen:

„Wir benützen diese Gelegenheit, um den ChesRedakteur zu beglückwünschen, daß der Unfall, den er kürzlich erlitten, nur leichter Natur war, sodaß wir ihm im Sommer 1926 im Casino sagen können: How are you, old top? After all it’s all in life time.“

Verzeihen Sie, daß ich Sie mit meiner Person behelligen muß, aber ich habe jetzt grade genug des grausamen Spiels.

Am 1. April dieses Jahres führte ein Freund und Kollege die Leser der „Obermoselzeitung“ auf den Leim mit der Meldung, mir sei, während ich in meinem Wohnhaus-Neubau nach dem Rechten sah, ein Balken auf den Kopf gefallen. Der Balken sei unbeschädigt geblieben, mir selber sei kein edleres Organ verletzt worden. Oder ähnlich.

Sie sehen, das hat seinen Weg schon bis nach Amerika gemacht. Ich lebe in der Vorstellung der Luxemburger in Amerika als einer, der sich Häuser baut und dem dabei unentwegt Balken auf den Kopf fallen, ohne daß er ernstlich zu Schaden kommt.

Mein Freund in der „Obermoselzeitung“ meinte es gut. Er hatte seine Meldung raffiniert ausgedacht. Die Leser, die mir ein neues Haus nicht gönnten, sollten wenigstens die Genugtuung haben, daß ich eins an den Schädel bekam, die andern, denen ich wegen des Unfalls leid tat, sollten die Freude erleben, daß ich mir dafür aber auch ein neues Haus bauen konnte.

Es tut mir herzlich leid, daß weder die einen noch die andern auf ihre Rechnung kommen, und es ist, wie gesagt, die höchste Zeit, dieser Ente den Hals umzudrehen, zumal sie schon in Amerika zu quaken angefangen hat. Außerdem liegt für mich die Befürchtung nahe, daß die Steuerverwaltung von dem neuen Haus Wind bekommt und mich dieserhalb „heranzieht“, wie sie es malerisch nennt, wenn sie sich anschickt, einen auszuziehen. Leugnen meinerseits würde nichts helfen, denn es stand ja in der Zeitung!

Außerdem könnte die Sache für mich moralisch allerlei unangenehme Folgen haben. Ich höre es förmlich, wie von den Vielen, die draußen an den Unfall geglaubt haben, der eine oder andere von Zeit zu Zeit kopfschüttelnd sagt: „Was hat er da wieder für krauses Zeug geschrieben! Ja ja, wenn einem ein Balken auf den Kopf fällt, das ist so ’ne Sache, etwas bleibt davon immer zurück!“ Gegen angeborene Krausköpfigkeit sind die Menschen immer äußerst nachsichtig. Sind aber Abwegigkeiten dieser Art traumatischen Ursprungs, so glaubt man allzu gerne an einen Fluch der Götter und sieht in dem Mann einen Gezeichneten.

Also erkläre ich feierlich, unter Eid und auf Ehrenwort: Ich habe kein Haus, kein neues und kein altes, weder hier noch an irgendeinem andern der wunderschönen Fleckchen, an denen ich gerne eines hätte Mir ist nie irgendwo ein Balken noch sonst ein Gegenstand von einigem Gewicht auf den Kopf gefallen, zum mindesten nicht, daß ich wüßte. Und ich wäre doch der erste, der es wissen müßte.

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    Katalognummer BW-AK-013-2940