Original

17. Juli 1925

„Trompeten blasen in der Fruh - Mein lieber Schatz und ich und du ....“

Es ist ein Soldatenlied von Ludwig Thoma, zu dem unser Landsmann Dr. Jean Faber eine wundervolle Weise ersonnen hat.

Doch das nur nebenbei. Die Verse fielen mir heute früh ein, als es draußen mit einemmal losschmetterte: Diräddedä diräddedä diräddedätätä ...

Jawohl, es waren unsere Soldaten, die auf Marsch zogen. Vorn der Herre Hauptmann hoch zu Roß, im Hirn die Pläne zu dem bevorstehenden Manöver wälzend. Ich stürzte ans Fenster - zu spät, um für das Morgenständchen gebührend zu danken, aber ich sah ihnen mit Genuß nach, bis sie um die Ecke waren.

Während so der Nadetzkymarsch durch den Morgen funkelte, spürte man wohlig auf der Netzhaut das Bild der vorn marschierenden Spielleute, deren Carré sich im Takt der Musik leicht nach links und rechts wiegte. Es war von jeher ein heroischer Anblick, wenn diese glitzernde Masse, in Ton und Bewegung ein sauberer, wohltuender Rhythmus, die Straße von fern her auf einen zukam. Es schwellte die Brust und durchdrang den Raum mit herrischer Feierlichkeit. Vorn in der ersten Reihe gingen die Posaunisten, die blinkenden Instrumente keck hinausgereckt, ihre weißen Gamaschen leuchteten im Takt, eins, zwei, links, rechts! In solchen Augenblicken war man immer stolz, ein Luxemburger zu sein.

Heute früh spannte sich der klare Sommerhimmel vom Johannisberg bis zur Dippacher Höhe wolkenlos; die Sonne war Alleinherrscherin im Raum, und durch die Jungfräulichkeit des unverbrauchten, blanken, stillen Morgens zogen unsere strammen Jungens die staubgrauen Straßen hinaus, dem Krieg im Frieden entgegen.

Sie tun es in aller Herrgottsfrühe, weil es später am Tag zu heiß wird. Sie haben recht. Warum sollen wir uns groß mit der Fiktion eines Ernstfalles plagen? Wir können es uns leisten, vom Militarismus in der Hauptsache die Glanzseite vorzukehren. Unsere bewaffnete Macht ist das urechteste Produkt und gewissermaßen ein Symbol unseres politischen Eigendaseins. Klein, aber rein. Schmuck, diszipliniert, mit scharfen Kanten, die ein wenig abgerundet sind, blank geschlissen, zum Zupacken gerüstet, wenn es gilt, im Übrigen „ein guter Kerl“.

Daß bei uns jeder dem andern in den Topf gucken kann, hat den Hang zur Deftigkeit, zur Solidität gefördert. Wir sind nicht für Stuckfassaden, es soll alles echtes Material sein. Nach diesem Grundsatz hat sich unsere bewaffnete Macht entwickelt. Ein gesunder Volkskörper leidet an sich keine krankhaften Auswüchse. Schon die Vorzilglichkeit der Militärkapelle deutet auf einen zuverlässigen Untergrund. Wir haben das Militär, wie wir es brauchen. Und es fehlt nicht an Anlässen, wo unsere Freiwilligen vor hohen Vertretern des Auslands für ihr Ländchen Zeugnis ablegen müssen. Sie haben es immer so getan, daß wir uns ihrer nicht zu schämen brauchten, und daß die naheliegende Versuchung, mit dem Herzogtum Gerolstein Vergleiche anzustellen, im Keim erstickt wurde.

Als heute morgen der Radetzkymarsch weit draußen in der Wilhelmavenue verklungen war, .... but that’s another story.

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    Katalognummer BW-AK-013-2966