Vielleicht, lieber Leser, möchtest Du zuweilen an der Welt und an der Menschheit, an der Güte, Hilfsbereitschaft, Uneigennützigkeit Deiner Nebenmenschen verzweifeln?
Tue es nicht. Irgendwo sitzt immer einer, der es gut mit Dir meint.
Durch die Lustpost - Benyt Lustposten - wurde mir heute morgen aus Köbenhaon die Botschaft, daß im fernen Dänemark Leute darauf ausgehen, mich moralisch sowohl wie finanziell zu heben und zu fördern.
Es sind nicht die ersten besten, bitte! Es ist die dämsche Regierung und es ist eine alteingesessene Kopenhagener Firma, die schon 1856 errichtet wurde.
Diese Firma - sie heißt Friedrich Fürst Nachsolger - schreibt mir:
„Sehr geehrter Herr! Einliegenden Prospekt, den ich Ihnen auf Veranlassung eines dortigen Geschäftsfreundes übersende, empfehle ich Ihrer gefl. Beachtung und bin überzeugt, daß die Angelegenheit auch für Sie Interesse haben dürfte.“
Also nicht nur in Kopenhagen wollen sie mir Gutes, auch hier in Luxemburg sitzt ein unbekannter Freund und Gönner, der es darauf abgesehen hat, mich zum reichen Mann zu machen, indem er die Firma Friedrich Fürst Nachf., errichtet 1856, veranlaßt, mich zum Spielen in der Dänischen Kolonial-Klassen-Lotterie einzuladen. Dieses ist, wie Herr Friedrich Fürst mir mitteilt, die beste Lotterie der Welt. Ich kann darin im glücklichsten Fall in den vier ersten Klassen je 100 000 und in der fünften Klasse 1 Million Goldfrancs, zusammen 1 400 000 Franken gewinnen.
Doch das ist nicht die Hauptsache. Die Dänische Kolonial-Klassen-Lotterie verfolgt einen viel edleren Zweck, als materielle Bereicherung ihrer Kunden. Ihr Hauptwert liegt auf moralischem Gebiet. Die dänische Regierung, schreibt mir Herr Friedrich Fürst Nachs., hat diese und andere Lotterien eingerichtet, um das Spielen in geordnete Bahnen zu lenken. Statt Nächte durch in Spielhöllen zu hocken und sich an Leib und Seele und Portemonnaie zugrunde zu richten, kann der Familienvater aus dem Jeu eine harmlose Familienunterhaltung machen, bei der die Mitgift der Tochter, die Studiengelder des Sohnes, der Preis für ein eigenes Heim herausspringen können, ohne daß die mindeste Gefahr der Verführung, Übertölpelung und Verbummelung zu befürchten wäre.
Mit welch feiner ethischen Einstellung Herr Friedrich Fürst Nachf. an die Sache herangeht, ergibt sich aus der rührenden Sorgfalt, mit der er etwaige sittliche Bedenken meinerseits gegen Lotteriegewinne zu beschwichtigen sucht. Er schreibt mir u. a.:
„Wohl werden einige eine Bereicherung durch Lotteriegewinne moralisch verwerslich finden, doch dürste dieser Einwand an Bedeutung verlieren, wenn man usw....
Ich kann Herrn Friedrich Fürst Nachf. in dieser Hinsicht beruhigen, indem ich ihm versichere, daß ich es mitnichten moralisch verwerflich fände, wenn ich in der Dänischen Kolonial-Klassen-Lotterie oder sonst einer dänischen oder außerdänischen Lotterie 1 400 000 Goldsranes oder sogar mehr gewänne.
Ich bin unentschlossen, wie ich auf das freundliche und wohlmeinende Entgegenkommen der dänischen Regierung und des Herrn Friedrich Fürst Nachf. reagieren soll.
Ich habe bisher in jeder Geldlotterie meinen Einsatz gewonnen. Indem ich nämlich nicht setzte. Sicher ist sicher. Ich werde Herrn Friedrich Fürst Nachf. die Enttäuschung bereiten und kein Los kausen.
1. P. S. - Ich habe für ein Viertel-Los in der ersten Klasse 30 franz. Francs nebst Bestellschein kuvertiert.
2. P. S. - Ich habe das Kuvert nicht abgeschickt.
3. P. S. - Ich habe die 30 Franken aus dem Kuvert genommen und 120 Franken für ein ganzes Los hineingetan.
4. P. S. - Ich habe das Kuvert immer noch nicht abgeschickt.
5. P. S. - Ich werde warten, bis morgen früh. Wenn ich beim Aufstehen sehe, daß es regnet, schicke ich das Kuvert ab. Scheint die Sonne, schicke ich es nicht ab.
6. P. S. - Um wieviel Uhr soll ich morgen früh ausstehen, um das Wetter zu bestimmen?
(Fortsetzung und Schluß eventuell später.)