Die Wolken sind die Gedanken des Himmels.
Wenn der Himmel ein Junggesell wäre, bräuchte er sich keine Gedanken zu machen. Dann wäre er immer blau, heiter und wolkenlos.
Aber der Himmel ist nicht Junggeselle. Er hat eine Frau, wogen der er sich Gedanken machen muß. Das ist die Erde.
Alle Wolken des Himmels kommen ihm von der Erde. Jedesmal, wenn er sich ihretwegen Sorge macht, ja, sobald er nur an sie denkt, ziehen durch seine heitere Bläue die Gedankenwolken.
Manchmal denkt er an sie mit Liebe und Zärtlichkeit. Er erinnert sich wahrscheinlich schöner Stunden, wenn die Erde ihre herrlichsten Kleider trug aus Blumen und Wiesengrün und Meeresblau und der bunten Pracht der Wälder und wenn sie sich von dem Schweizer Rüdisühli malen ließ, weil der es am besten versteht, sie zu schmeicheln.
Dann sind die Gedanken des Himmels feine, weiße Federwöllchen, die nur Gutes verkünden. Es sind leicht gesponnene, harmonische Gedänklein, von zarten Linien und seltsamer Symmetrie, fast wie feine Fischgerippe.
Aber dann kommt es vor, daß die Erde ihre Nerven bekommen will, und die Gedanken des Himmels verzerren und verdichten sich. Erst macht er noch gute Miene zum bösen Spiel, seine Gedanken find wie sanfte Schäschen, aber die Meteorologen wissen es besser. Bald türmen sich die düstern Gedanken des Himmels grau in grau und jagen sich, wie sich die Gedanken in menschlichen Köpfen jagen, und zuletzt poltert der Himmel los und es kommt ein ausgewachsenes Donnerwetter über die Fran Erde. Das tut ihr wohl, und sie ist dem Himmel ach wie dankbar dafür, daß sie ihn geärgert und ihn zum Nachdenken und Dreinschlagen veranlaßt hat.
Und der Himmel gibt seinen Gedanken Urlaub und denkt wieder an gar nichts und ist heitere Bläue von einem Ende zum andern.
Am meisten Gedanken macht er sich wegen der Frau Erde, wenn sie im Herbst tut, als sei sie sterbenskrank und sich hinlegt und sich die weiße Decke über die Ohren zieht.
Dann macht sich der arme Himmel Tage und Nächte und Wochen durch die trübsten Gedanken. Denn er ist ja doch schließlich nun so lange an sie gewöhnt, und er kann sich in die Rolle eines Junggesellen, eines Himmels ohne seine Frau Erde, beim besten Willen nicht hineindenken. Graues Gedankengewölle erfüllt ihn, bis im Frühjahr die Erde sich wieder zu regen beginnt, sich den Schlaf aus den Augen reibt und sich für den Herrn Gemahl mit dem zartesten Grün und dem frischesten Weiß und Rosa schmückt.
Dann kommt es wieder öfter vor, daß sich der Himmel ihretwegen keine Gedanken macht und sich wolkenlos über sie spannt.
So lange es dauert.