Dicks behauptet - und er mag recht haben - es gebe kein Handwerk über das Gärtnerhandwerk. Es ist jedenfalls gesund, und es ernährt seinen Mann, wie alle Berufe, die auf die Stillung von Hunger und Durst gerichtet sind.
Wir sind gewohnt, den Gärtner oder die Gärtnerin nur von der einen Seite ihrer Tätigkeit zu betrachten. Diese hat aber zwei Seiten, die mit Markt und Garten bezeichnet sind. Vier Tage in der Woche - manchmal fünf, wenn er den Sonntag dazu nimmt - ist einer Gärtner, zwei Tage ist er Kaufmann.
Jede Familie, allenfalls jede Hausfrau hat ihren Gärtner oder ihre Gärtnerin. Sie ist überzeugt, daß sie bei ihrer Grete oder Kätt oder Liß alles besser und billiger bekommt, als jede andere. Sie sieht die Gärtnerei lediglich in Gestalt des Gemüsehandels und die Gärtnerin immer nur als Gemüsefrau. Aber dies ist das Sekundäre, das weniger Interessante. Der Mensch überhaupt ist am interessantesten, nicht wenn er seine Produkte verkauft, sondern wenn er sie produziert. Ein Uhrmacher zum Beispiel, der einem Kunden eine Uhr aufschwätzt, hat nichts vor einem gewöhnlichen Krämer voraus, sitzt er aber, seine Lupe in die Augenhöhle geschraubt, an seinem Werktisch und forscht, wo in einem Gehäuse der schöne Ablauf aller Gesetzmäßigkeiten gestört ist, so wird er zu etwas Besonderem.
Der Gärtner und die Gärtnerin können ja unter Umständen auch auf dem Markt Originale sein. Von Einzelnen werden sogar recht possierliche Geschichten erzählt. Man hört mit Genuß zu, wenn sie einem Konkurrenten schlagfertig das Wasser abgraben oder einer knauserigen Kundin witzig Bescheid sagen.
Aber man muß, um sie zu verstehen, sie auf dem andern Feld ihrer Tätigkeit sehen, dort, wo die harte Arbeit sie zu den hartgebackenen Menschen macht, die sie als Hökervolk auf dem Markt nie geworden wären.
Um keine Stadt herum sind die Gärtnereien so originell, bieten sie im selben Maß das Schauspiel zäher Verbissenheit und äußerster Ausnutzung des Erdreichs, wie stellenweise um Luxemburg. Es gibt zum Beispiel einen Pfad von Limpertsberg nach Rollingergrund, der führt mitten durch ein Reich von Gärten. Du kommst an Gärten und Häusern vorbei, um die Heimatluft weht, du meinst, du müßtest darin zuhause sein. Das Daheimsein langer Geschlechterreihen in einem Haus paßt es der Seele an, wie eine Hand sich den Handschuh anpaßt, läßt darin ein Selbstverständliches von Gemütlichkeit, tiefer Vertrautheit mit den Dingen zurück. In diesen Häusern wohnen die Gärtner und Gärtnerinnen, die du auf dem Markt siehst, aber sie sind hier ganz andre Menschen. Hier ringen sie in unermüdlicher Fron dem Boden ab, was sie draußen mühelos in Bargeld umsetzen. Kein Wunder, daß sie hart werden und knorrig, manche sagen: pfennigfuchserisch.
Dies ist ein Teil des Stadtgebiets, den Tausende von Luxemburgern nie gesehen haben, du wähnst dich zehn Stunden von Großstraße und Paradeplatz und erkennst nur nach scharfem Hinsehen drunten die vertrauten Häuserzeilen des Rollingergrund. Katzen sitzen auf Gartenmauern und sehen dich aus halbgeschlossenen Augen behutsam an, aggressive Gänse recken die Schnäbel grell schnatternd nach deinen Waden, Ziehhunde liegen an der Kette und bellen tief und majestätisch, und die Menschen arbeiten und nehmen keine Notiz von dir. Sie spielen auf dem Mutterschoß der Erde Orgel mit unzähligen Registern, alle paar Monate eine andere Weise, während der Bauer sein ganzes Jahr auf Korn oder Kartoffeln abstimmt. Sie laufen der Mutter Erde nach bis in die verstecktesten Winkel, wo sie gedacht hatte, bei Blumen und Unkraut und Eidechsen in der Sonne ungebrandschatzt vor sich hinträumen zu können, und entlocken ihr die zartesten Gemüse. Sie sind die Kinder, die der Mutter ewig an der Schürze hängen.