Du, lieber Leser - jawohl, Dich meine ich, grade Dich! Du gehörst vielleicht zu den dreihundertsiebenund dreißig Luxemburgern, die sich manchmal Bücher kaufen. (Es mögen auch dreihundertachtunddreißig sein.)
Du kaufst sicher nicht nur Standard Works, Bücher, die Du einem eisernen Bestand einverleibst, auf die Du immer wieder zurückzugreifen gedenkst, Bücher, die man besitzen muß, wie man einen Magen, zwei Beine, Auge, Ohren, Nieren usw. haben muß. Nein, Du kaufst auch Bücher, die zur Unterhaltung und gar Belehrung da sind, denen Du aber keinen dauernden Platz in Deiner Bibliothek einräumen magst.
Was fängst Du mit diesen Büchern an, möchte ich wissen.
Du leihst sie sicher einem Freund oder Bekannten, von dem Du weißt, daß er sie Dir niemals wiedergibt. Du erwartest auch gar nicht, daß Du sie jemals wiederbekommst, Du bist schon zufrieden, wenn der andre sie liest, er mag später damit bleiben, wo er will.
Aber liest er sie? Und wenn er sie gelesen hat, was wird dann aus diesen Büchern, die zwar keine Standard Works sind, aber immerhin eine geistige Nahrung vermitteln, für die man dankbar sein muß? Sie gehören eigentlich in einen Kreislauf und statt dessen geraten sie in eine Sackgasse.
„Wo hole ich gleich einen. Kreislauf her?“ fragst Du voll Bereitwilligkeit. Denn Dir wäre es selbstverständlich lieber, daß statt eines Einzigen möglichst viele nach Dir an Deinen Büchern Genuß und Gewinn hätten.
Nun gut, ich weise Dir sofort einen Kreislauf nach. Schenke Deine abgelegten Bücher der Bibliothek des Volksbildungsvereins. Da bist Du sicher, daß sie von Hunderten mit Dank und Genuß gelesen werden. Ich weiß es so sicher, als ob es mir der Präsident des Volksbildungsvereins selbst gesagt hätte. Und mit ganz besonderm Vergnügen wird Dir der Verein für Jugendlektüre danken, deren Los es ja immer ist, abgelegt zu werden, wenn man ihr entwachsen ist.
Du kennst doch den Volksbildungsverein? Er wurde vor langen Jahren - ein ganzes Ende schon vor dem Krieg - eines Sonntags Nachmittags im großen Saal des Kölnischen Hof gegründet, und schon damals sagten alle, die Bescheid wußten, daß der Verein seine stärkste, nachhaltigste und dauerhafteste Wirkung durch die Gründung von Bibliotheken erzielen würde.
Dies hat sich bewahrheitet. Bibliotheken und Vorträge sind die beiden Mittel, durch die der Verein seit seiner Gründung auf immer weitere Volkskreise wirkt. Er ist die einzige rein intellektuelle Gruppierung, die im Bereich der politischen Linken besteht und eine kontinuierliche propagandistische Tätigkeit im Interesse der Volksbildung entfaltet. Aus den Kreisen unserer Leser muß ihm der nötige Nachwuchs kommen. Die Mitgliedkarte kostet 10 Frauken, Ehrenmitglied wirst Du für 25 Franken im Jahr. Das ganze Einkommen des Vereins wird, wie gesagt, in Büchern und Vorträgen verausgabt. Anmeldungen werden in der Vereinsbibliothek neben dem Ratskeller, der Passage gegenüber, Montags und Donnerstags von halb sieben Uhr ab entgegengenommen.
Solltest Du nun von neuen Büchern wissen, denen Du im Sinn der Bestrebungen des Volksbildungsvereins größere Verbreitung wünschest, so dürftest Du des Dankes aller Mitglieder sicher sein, wenn Du auch diese Bücher der Bibliothek schenken wolltest, selbst wenn sie nicht zu denen gehören, die mau abstößt, wenn man sie selbst gelesen hat.
Am besten wird es sein, Du gehst einmal in die Bibliothek, siehst Dir das Bücherverzeichnis an und erkundigst Dich, wonach man grade am meisten Verlangen trägt. Und dann trinkst Du gelegentlich eine gute Flasche weniger und schenkst dem Volksbildungsverein ein Buch, an dem sich Hunderte freuen.