Der Nationalausschuß für die Beteiligung Luxemburgs an der Pariser Kunstgewerbeausstellung gibt einen Bericht aus, der vom Präsidenten und Generalkommissar Paul Würth und vom Delegierten und Generalsekretär Anton Hirsch gezeichnet ist.
Er enthält viel Interessantes und Lehrreiches für Publikum und Handwerk.
Es ist u. a. selten über moderne Wohnungsausstattung und ihren Stil so Zutreffendes und Endgültiges gesagt worden, wie auf S. 3 dieses Berichtes.
„Wir können uns nicht mit dem Ausland in bezug auf Pracht und Eleganz des Mobiliars messen. Was wir zu verwirklichen suchten, war die geschmeidige Linie, die Auswahl des Materials nach Farbe, der wirkliche Komfort.
„Denn das dürfen wir nicht vergessen. Unsere Künstler und Möbelfabrikanten haben nur selten Gelegenheit, für Millionäre zu arbeiten. Reichtum in der Wohnungsausstattung ist schön, Einfachheit ist schöner. Da liegt der Stein des Anstoßes für das moderne Kunstgewerbe, und die Ausstellungen, die vor allen Dingen propagandistisch wirken müßten, verfehlen unausbleiblich ihren Zweck, wenn sie immer wieder nur Ausgesuchtes vorführen wollen und die marktgängige Ware vernachlässigen, die jedermann zugänglich ist. Mit der Formel „Kunst für die Künstler“ oder „Kunst für die Millionäre“ wird die Bewegung, die dem Zeitgeist entspricht, nie populär zu machen sein. Aber man will glänzen, Außergewöhnliches vorführen, seine Künstlerpersönlichkeit zur Geltung bringen. Man verschmäht es, dem mittleren Verbraucher entgegenzukommen und darin hat man Unrecht.“
Und weiter:
„In der Klasse 7 (ganz möblierte Räume) und besonders in der französischen Abteilung sah man fast nur „nackte“ Stücke, d. i. Möbel ohne jeden plastischen Schmuck, bei denen die Wirkung lediglich auf das kostbare Holzmaterial gestellt war.
„So weit sind wir noch nicht, und wir können uns dazu Glück wünschen. Diese Mode - denn es handelt sich um eine Mode, nicht um einen Stil - kann die Wiener und Münchener Einflüsse, denen sie ihr Entstehen verdankt, nicht verleugnen. Den größten Vorwurf aber verdient sie, weil sie systematisch die schönen inländischen Holzarten ausschließt: Eichen, Nußbaum, und nur exotische, also die teuersten Hölzer verarbeitet. Und nicht weniger ist zu verurteilen, daß sie einem der schönsten Zweige des Kunsthandwerks, der Möbelschnitzerei, den Todesstoß versetzt.“
Der Bericht führt dann die Ansicht der großen französischen Künstler Paul Follot und Jallot an, die dem geschnitzten Möbel begeistert das Wort reden.
Man kommt hier zu einer richtigen Anschauung nur dann, wenn man sich vergegenwärtigt, wie u. a. in Deutschland der moderne Wohnungsstil - Haus und Möbel - als Reaktion gegen die Auswüchse der Matartbouquet-Periode entstanden ist. Man hatte sich an den Orgien von Renaissangse übernommen, wandte sich mit Etel davon ab und verfiel in das andere Extrem. Einfach und zweckdienlich! hieß die Losung. Und da wurde alles von asketischer Einfachheit und aufdringlicher Zweckdienlichkeit. Bis allmählich das Bedürfnis nach Schmuck sich wieder geltend machte, einem Schmuck, der eben nur schmückendes Beiwerk und nicht Hauptsache sein durfte. Neben dem Zweckdienlichen und Einsachen galt ein drittes: Nicht aufdringlich! Wie der Mann und die Frau am besten gekleidet sind, die in ihrer Kleidung nicht auffallen, so war das Möbel, das Haus am schönsten, dem man ansah, anfühlte, daß es seinen Zweck erfüllen und das Auge erfreuen, aber sich nicht auf- und vordrängen wollte.
Grade in den Ausstattungen für bescheidene Ansprüche kamen diese Petita zur Erfüllung, wenn der Verbraucher Geschmack hatte. Er wurde nicht durch Überfluß an Geld zu Extravaganzen verleitet.
Freilich, Geschmack mußte er haben. Und verstehen mußte er, was einfach, zweckdienlich und unaufdringlich war.
Die Pariser Kunstgewerbeausstellung war, soviel man davon hört, in keinem ihrer Teile dazu angetan, diesen Geschmack zu fördern.