Die Stimmung in der Natur war sehr ernst.
Diese Julitage waren ohne die gütige Milde, in der die Früchte der Erde dem Herbst entgegenreifen. Die Mauer des Konviktsgartens zog sich lang und mürrisch nach der Straßenecke hinunter, der Park stand leer und trüb - - zwei geistliche Herren gingen vor mir her in ein Gespräch vertieft, einer war wohlbeleibt, der andere mager.
Sie paßten mit dem asketischen Schwarz ihrer Soutanen in das Bild dieses mißratenen Sommertages. Ich sah ihnen an, sie redeten ernst über ernste Dinge. Ach ja, das Leben ist schwer und bitter und die schönen Tage sind kurz.
Wahrscheinlich - dachte ich - reden sie über schwierige Fälle aus ihrer Seelsorgerpraxis, oder über Fragen aus dem Gebiet der kirchlichen Wissenschaften, über Schismatiker und Höretiker, Kirchengerichte und Inquisition, Kirchenbann, potestas ecclesiastica, jus occlesiasticum im Allgemeinen und jus circa sacra im Besondern oder umgekehrt, oder vielleicht über liturgische Streitfragen, oder über Choral, ob das alte oder das neue Te Deum und Lauda Sion schöner und ob Bach oder Händel oder Orlando di Lasse oder Palästrina größer sei.
Oder vielleicht sprachen sie nur über Politik, ob sie das nächste Mal noch für Herrn Thinnes eintreten sollten oder ab sie einen besseren in petto hätten.
Ich kam langsam näher. Der Magere blieb von Zeit zu Zeit stehen, seine Augen blitzten, seine Lippen schürzten sich tlich, er hieb mit der geballten Fanst vor sich in die Luft. So sieht ein Mann aus, der sein Höchstes für die Verteidigung eines Ideals einsetzt.
„Und er hätte es nicht tun dürfen!“ hörte ich ihn jetzt sagen. „Mit Kreuz- und Carreaubube und sonst weiter nichts als einem Pappenstiel in der Hand sagt keinen Grg, wenn man nicht ein leichtsinniger Mensch ist.“
„Und dazu mit Schneider!“ pflichtete der andere entrüstet bei.
Ich war st. Die Welt bekam im Nu ein anderes Gesicht. Alle drübe Ernst war wie hinausgeblasen, die lange Konviktsmauer schien vergnügt mit allen Ritzen zu grinsen im Widerschein des walkenweißen Westhimmels, durch die Parkbäume ging ein leises Rauschen und Freund Peter winkte mir über die Straße herüber fröhlich zu und rief: „Die Luft wird wärmer, das Barometer steigt!“
Seht Ihr, man soll sich nie verzagt und auf Anhieb der Stimmung gefangen geben.